Rilindja Galaxy:
Vom Aufbau des kosovarischen Nationalbewusstseins bis zur Auslöschung dieser Geschichte durch die Nation selbst
In den letzten 25 Jahren sind Versuche, rund um eine der bedeutendsten kulturellen Institutionen Kosovos zu kooperieren, immer wieder gescheitert. Trotz wiederholter Appelle unabhängiger Forscher*innen an Institutionen und politische Akteur*innen wurde Rilindja nie ernsthaft gewürdigt. Im Gegenteil: Ihr Erbe wurde systematisch abgebaut. Die einzige nennenswerte Ausnahme scheint die Nationalbibliothek Kosovos zu sein, die kürzlich ihre Bereitschaft erklärt hat, ein vollständiges digitales Archiv aufzubauen.
Rilindja ist dennoch bis heute tief im kollektiven Gedächtnis verankert. Der blosse Name ruft unmittelbare Reaktionen hervor – Wärme, Vertrautheit, Sehnsucht. Fast so, als würde man ein Familienmitglied beim Namen nennen. Und doch herrscht eine Art kollektive Resignation: Weil Rilindja in unseren Herzen weiterlebt, handeln wir oft so, als wäre das genug. Doch das ist es nicht.
Mit dieser Initiative hat Potpuri einen ersten Schritt unternommen, um eine zusammenhängende – wenn auch noch nicht vollständige – historische Darstellung von Rilindja zu erstellen. Unsere begrenzten Ressourcen lassen keine tiefere Ausgrabung zu, aber wir hoffen, die Dringlichkeit aufzuzeigen, Rilindja als lebendiges, öffentliches Erbe neu zu beleben. Denn Rilindja ist nicht nur eine Zeitung – sie ist vor allem ein zeitliches Instrument, eine Linse, durch die wir die Zeit selbst spüren können.
Diese Initiative ist nur der Anfang. Wir hoffen, damit eine Debatte anzustossen und all jene miteinander zu vernetzen, die seit Jahren – leise und beharrlich – daran arbeiten, Rilindja im kulturellen Puls Kosovos lebendig zu halten und an zukünftige Generationen weiterzugeben. Der Aufbau von Potpuri in zehn Kapiteln bietet einen zugänglichen, aber historisch fundierten Einstieg in die Entwicklung von Rilindja und zeigt, wo ihr Erbe heute noch auffindbar ist.
Wir laden euch ein, Teil unserer Kampagne #WhereIsRilindja zu werden und die Diskussion um dieses Erbe mitzugestalten. Unser langfristiges Ziel ist es, Literatur- und Verlagsexpert*innen sowie ehemalige Rilindja-Mitarbeiter*innen zusammenzubringen, um gemeinsam eine Struktur für die Fortführung dieses Erbes zu schaffen – unabhängig von institutioneller Unterstützung. Diese Initiative soll zeigen: In Kosovo gibt es sehr wohl Wissen, Professionalität und ein Gespür für Dringlichkeit, um Rilindja – eines der bedeutendsten Vermächtnisse des 20. Jahrhunderts – zu bewahren.
Die Formierung von Identität durch Sprache und Druck
Die moderne Entstehung Kosovos ist eng mit der Institutionalisierung der albanischen Sprache in den albanischsprachigen Regionen des Balkans verbunden. Bis ins frühe 20. Jahrhundert stand Kosovo unter osmanischer Herrschaft, während die albanischsprachige Bildung und der kulturelle Ausdruck weitgehend unterdrückt wurden. Die Bewegung für eine albanische nationale Identität und sprachliche Einheit gewann während der Albanischen Nationalen Wiedergeburt (Rilindja Kombëtare Shqiptare) an Dynamik – einer kulturellen und politischen Bewegung, die sich von 1830 bis 1912 erstreckte. Ziel dieser Bewegung war es, eine einheitliche Literatursprache zu entwickeln, Bildung in albanischer Sprache zu fördern und ein eigenständiges nationales Bewusstsein nach Jahrhunderten osmanischer Vorherrschaft zu schaffen.
Ein entscheidender Moment in diesem Prozess war der Kongress von Manastir im Jahr 1908, auf dem sich albanische Führungspersonen offiziell für das lateinische Alphabet entschieden – eine bedeutsame Entscheidung, die die albanische sprachliche und kulturelle Identität festigte und einen deutlichen Bruch mit der osmanischen sowie anderen regionale Einflüssen markierte.
Nach den Balkankriegen und während des Ersten Weltkriegs, unter der Besatzung durch Österreich-Ungarn, wurden in mehreren grösseren Städten Kosovos albanische Schulen gegründet. Diese Einrichtungen spielten eine wichtige Rolle bei der Ausweitung der albanischen Sprache in Literatur und Bildung – über die zuvor vorherrschende mündliche Volkskultur hinaus, die lange Zeit eines der wichtigsten künstlerischen und kulturellen Ausdrucksmittel der Bevölkerung war.
Anfang des 20. Jahrhunderts schreiben die meisten Autor*innen in Kosovo noch auf Türkisch, nur wenige verfassen Texte auf Albanisch. Zu den frühen Persönlichkeiten gehörten Haxhi Ymer Lutfi Paçarrizi, ein muslimischer Geistlicher, der für seine politischen und philosophischen Schriften bekannt war. Er publizierte in den 1920er Jahren im sozialistischen Fexhri (Agimi Socialist)-Journal mit Sitz in Skopje.
Ein weiterer bedeutender literarischer Akteur dieser Zeit war Hilmi Maliqi, der in einem ähnlichen Stil schrieb und als Vater der modernen Dichtung unter den kosovarischen Albaner*innen gilt. Sein Einfluss reichte bis zu seinem Schüler Shaip Zurnaxhiu, der ebenfalls zur frühen Entwicklung der albanischen Literatur in Kosovo beitrug.
In den 1930er Jahren entstand die erste Generation albanischer Studierender in Kosovo, von denen viele später sowohl die albanische Literatur als auch das politische Denken vor und nach dem Zweiten Weltkrieg massgeblich prägten. Zu ihnen zählten Esad Mekuli, Hivzi Sulejmani, Mark Krasniqi, Ramiz Sadiku und Ali Shukriu. Besonders hervorzuheben ist Mark Krasniqi, der ebenfalls auf Albanisch schrieb und Herausgeber der Studierendenzeitung Ylli war, die ab den späten 1930er Jahren bis in die frühen 1940er Jahre am katholischen Seminar von Prizren erschien.

Doch erst während des Nationalen Befreiungskriegs (Zweiter Weltkrieg) und der Volksrevolution entwickelte sich die albanischsprachige Presse in Kosovo zu ihrer wahren Grösse. In dieser Zeit entstanden die ersten Flugblätter, Zeitungen und Zeitschriften in albanischer Sprache, darunter Liria, Zani i Popullit und Zani. Die erste offizielle Publikation des Befreiungskriegs, Liria (Sloboda), erschien Mitte 1942 als antifaschistisches Blatt mit dem Leitspruch: „Der Kampf gegen den Besatzer und seine Helfer ist der einzige Weg zur nationalen Freiheit.“
Obwohl die kommunistischen Partisanen die dominierende Kraft hinter dieser Presse waren, waren sie nicht die einzigen politischen Akteure in der Region. Verschiedene albanische politische Gruppen – wie die Zweite Liga von Prizren, Balli Kombëtar und Besa Kombëtare – widersetzten sich ebenfalls der faschistischen Besatzung, lehnten jedoch oft eine Rückkehr Kosovos unter die serbische oder jugoslawische Kontrolle ab. Trotz ideologischer Unterschiede verband sie das gemeinsame Ziel, die Reintegration Kosovos in einem zentralisierten Jugoslawien zu verhindern.
Im Gegensatz dazu nutzten die jugoslawischen Partisanen – etwa mit Publikationen wie Zani i Popullit (Glas Naroda), die sowohl auf Albanisch als auch auf Serbokroatisch erschien – Sprache gezielt als politisches Werkzeug. Mit der Förderung albanischsprachiger Presse versuchten sie nicht nur, die albanische Bevölkerung im antifaschistischen Kampf zu mobilisieren, sondern sie symbolisch in das kommunistische jugoslawische Projekt einzubinden. Sprache wurde zu einem Mittel politischer Integration, präsentiert als Garant ethnischer Gleichberechtigung, obwohl das eigentliche Ziel die Wiederherstellung jugoslawischer und serbischer Kontrolle über die Region war.
Ab 1943 setzte Zani – Glas diese publizistische Arbeit fort, bis sie im August desselben Jahres von einer erneuerten Version von Liria abgelöst wurde, die bis 1944 weiter erschien. Diese Publikationen – zusammen mit Plakaten, Proklamationen, Mitteilungsblättern und anderen Propagandamaterialien – spielten eine zentrale Rolle bei der Bewusstseinsbildung im Krieg und der Verbreitung der Ideologie der Partisanenbewegung. Mit dem allmählichen Rückzug der deutschen Truppen geriet Kosovo unter die Kontrolle der Partisanen, die im November 1944 die vollständige Besetzung abschlossen. Diese Übergangsphase bedeutete die Wiederherstellung der serbischen Herrschaft und rief Widerstand hervor – darunter den Drenica-Aufstand unter Shaban Polluzha sowie das Massaker von Tivar.
Neben der Partisanenpresse wurden zwischen 1943 und 1944 auch andere albanischsprachige Zeitungen wie Lidhja e Dytë e Prizrenit und Kosova veröffentlicht, die alternative politische Stimmen repräsentierten – über deren Inhalte ist jedoch heute nur wenig bekannt.
Schliesslich wurde auf Initiative von Miladin Popović, der das Provinzkomitee der Kommunistischen Partei Jugoslawiens für Kosovo leitete, am 12. Februar 1945 in Prizren (Gjuro-Jakšić-Strasse Nr. 17) die erste Ausgabe von Rilindja veröffentlicht. Sie wurde als Organ der Nationalen Befreiungsfront ins Leben gerufen und erschien auf Albanisch – parallel zu Jedinstvo, das auf Serbokroatisch publiziert wurde.
Die Geburt von Rilindja
Der Name Rilindja wurde in einem kollektiven Entscheidungsprozess während eines Treffens politischer und gesellschaftlicher Führungspersönlichkeiten im Hotel Jugosllavia in Prishtina festgelegt. Es wurden mehrere Alternativen diskutiert, bevor man sich schliesslich für Rilindja als Titel der ersten albanischsprachigen Zeitung Kosovos nach dem Zweiten Weltkrieg entschied, oftmals wird sie – fälschlicherweise – als die erste albanische Zeitung überhaupt dargestellt.
Der Auftrag, die Zeitung innerhalb einer Woche zu veröffentlichen, folgte unmittelbar auf die sogenannte „Befreiung“. Trotz fehlender Fachkräfte, mangelhafter Arbeitsbedingungen, fehlender Druckmaschinen und unzureichender Mengen an albanischen Bleisatzzeichen galt dieser Befehl als unanfechtbar. Milladin Popovici, damals Sekretär des Regionalkomitees der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) für Kosovo und Metochien, betonte, dass alle Hürden sofort überwunden und neue Kader ohne Verzögerung ausgebildet werden müssten.
Die Abteilung Agitprop des Regionalkomitees wurde mit der Umsetzung des Projektes beauftragt. Kolë Shiroka, Esad Mekuli und Sokol Dobroshi spielten eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Inhalte, wobei sie zahlreiche Texte aus dem Serbokroatischen ins Albanische übersetzten.
Die Nachrichten wurden über Radioberichte von den jugoslawischen, italienischen und anderen Kriegsfronten bezogen – ergänzt durch frühere Erfahrungen in der Produktion von Partisanenbulletins. Lokale Nachrichten aus Kosovo waren hingegen kaum vorhanden, da es weder ein Reporter-Netzwerk noch eine organisierte Infrastruktur gab.
Die erste Ausgabe enthielt unter anderem einen Leitartikel von Fadil Hoxha mit dem Titel “T’i përvishemi punës” (Lasst uns die Ärmel hochkrempeln), einen längeren Beitrag von Esad Mekuli “Përshendetjet e popullsisë shqiptare të Kosmotit për përgjegjen burrnore të popujve të Jugosllavisë me rastin e mësymjes së reakcionit kunder marrëveshjes Tito-Shubashiq” (Die Grüsse der albanischen Bevölkerung Kosovos für die mutige Antwort der Völker Jugoslawiens auf den Angriff der Reaktion gegen das Tito-Shubashiq-Abkommen), einen Artikel von Mehmet Hoxha mit dem Titel “Pshteti popullor” (Die Volksmacht), sowie einen weiteren Beitrag von Mekuli – diesmal unter dem Pseudonym Sat Hoxha – mit dem Titel “Edhe grueja jonë hec drejt përparimit…” (Auch unsere Frau schreitet voran…). Weitere Berichte behandelten humanitäre Hilfsaktionen, die Mobilisierung der Jugend für die Nationale Befreiungsarmee und die Eröffnung der ersten öffentlichen Bibliothek Prishtinas. Der Artikel von Fadil Hoxha verzögerte den Druck der Zeitung aufgrund seiner Beteiligung an den Widerstandsbewegungen in Drenica und anderen Teilen Kosovos.
Nach Fertigstellung der Inhalte wurden die Materialien nach Prizren gebracht, wo sich in der Shtypshkronja Shtetërore (Staatlichen Druckerei) die einzigen verfügbaren Albanischen Bleizeichen befanden. Dort wurde die erste Ausgabe unter der Leitung von Kolë Lekaj, Skënder Lumezi, Sebë Laci, Beqir Driza, Slobodan Petroviqi, Reshat Arapi, Mile Dishleko, Margarita Mjeda Shukriu und Kolë Lumezi – Mitglieder der ersten Generation grafischer Arbeiter*innen im Nachkriegskosovo – gedruckt.
Noch in Partisanenuniformen arbeitete das Team ausschliesslich von Hand – mit nur vier Bleisatzkästen in albanischer Sprache und zwei kleinen Schreibmaschinen. Aufgrund fehlender Grossbuchstaben für Überschriften wurden zunächst zwei Seiten gesetzt und gedruckt, der Satz wieder zerlegt und für die verbleibenden Seiten erneut verwendet. Der Buchstabe „Ë“ bereitete besondere Schwierigkeiten und musste oft manuell angepasst werden. Sebë Laci und Beqir Driza galten als besonders schnell und geschickt im Setzen.
Jedes Teammitglied übernahm mehrere Aufgaben – redaktionelle, logistische und technische – um sicherzustellen, dass Rilindja nicht nur erschien, sondern auch verteilt wurde. Vom Inhalt bis zur physischen Auslieferung markierte die Veröffentlichung der ersten Ausgabe einen Wendepunkt für die albanischsprachige Medienlandschaft in Kosovo. Die Erstauflage umfasste 3.000 Exemplare.
Der Gründungsauftrag von Rilindja
Nach der Entscheidung zur Veröffentlichung von Rilindja, bestand eine der ersten Herausforderungen im Fehlen eines professionellen Teams. Es gab keine ausgebildeten Journalist*innen für die Zeitung – stattdessen wurden Mitarbeitende aus den Reihen des bereits stark eingebundenen Kaders der antifaschistischen Bewegung ausgewählt. Sie schrieben nach Feierabend, oft spät in der Nacht, und erfüllten Redaktionsfristen zusätzlich zu ihren politischen oder administrativen Aufgaben.
Trotz dieser Einschränkungen wurde Rilindja ins Leben gerufen. Da die Alphabetisierungsrate im Nachkriegskosovo noch niedrig war, wurden die Artikel der Zeitung häufig in Dörfern und Arbeiterkollektiven laut vorgelesen – als kollektive Plattform für Information, ideologische Bildung und Mobilisierung.
Von Anfang an diente die Zeitung als Werkzeug des sozialistischen Staates, um die Vision des neuen Jugoslawiens zu verbreiten – einer Föderation gleichberechtigter Nationen und Nationalitäten, befreit von Unterdrückung. Ziel war es, die neue Volksregierung, verwurzelt in der Kommunistischen Partei, zu popularisieren und die ideologische Erzählung des antifaschistischen Kampfes zu festigen.
Rilindja stand in enger Übereinstimmung mit der politischen Agenda der Zeit. Die Zeitung verurteilte die faschistische Besatzung und rahmte den Widerstand konsequent im Kontext des jugoslawischen Projekts. In den ersten Jahren berichteten ihre Artikel über die Mobilisierung der Bevölkerung, die Entlarvung von Kollaborateur*innen, die Entwaffnung bewaffneter Gruppen sowie die Beschlagnahmung ihres Eigentums. Daneben behandelte sie Themen wie Agrarreform, Wiederaufbau, Armeeverpflegung und Unterstützung für vom Krieg betroffene Familien – insbesondere für Familien gefallener Partisanen und vertriebene Gemeinschaften.
Am 29. November 1945 feierte die Zeitung die Proklamation der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien als historischen Wendepunkt. Sie präsentierte das Ereignis nicht nur als staatlichen Meilenstein, sondern auch als Sieg von Rilindja selbst – als einen Moment, in dem die Albaner*innen Kosovos erstmals in einem demokratischen System mit formellen Wahlrechten vertreten waren.
Obwohl Rilindja als Symbol der neuen politischen Ordnung aufstieg, war ihre Rolle nicht neutral. Sie war ein Organ ideologischer Vermittlung und ein Instrument zur Herstellung von Konsens, fest verankert im staatlichen Narrativ kommunistischer Transformation – ein Medium der Einheit, aber oft ohne Raum für Dissens oder alternative Perspektiven.
Was waren die drei zentralen Themen vor Ort?
- Rilindjas Kampf gegen den Analphabetismus in Kosovo
Nach dem Zweiten Weltkrieg sah sich Kosovo mit alarmierend hohen Analphabetismusraten konfrontiert – Schätzungen zufolge konnten rund 90 % der Bevölkerung weder lesen noch schreiben. Rilindja erkannte in diesem Zustand ein zentrales Entwicklungshemmnis und wurde früh zu einer der lautesten Stimmen im landesweiten Kampf gegen den Analphabetismus.
Einen symbolischen Höhepunkt erreichte diese Initiative im November 1946, als 5.000 Exemplare des albanischen Alphabetbuchs (Abetarja) mit 58 Seiten in der Staatlichen Druckerei (Shtypshkronja Shtetërore) veröffentlicht wurden. Nur zwei Monate später, am 23. Januar 1946, erschien in Rilindja der Artikel „Analfabetizmi asht anmiku i popullit“ („Analphabetismus ist der Feind des Volkes“), in dem berichtet wurde, dass bereits über 20.000 Menschen in Kosovo an Alphabetisierungskursen teilnahmen. Diese Kampagne entwickelte sich rasch zu dem, was als erste grosse Welle der Bildungs- und Kulturmobilisierung in Kosovo bekannt wurde.
Im Schuljahr 1949/50 wurde der albanischsprachige Unterricht an 727 Schulen angeboten. Diese Schulen zählten insgesamt 168.996 Schüler*innen, betreut von 1.095 Lehrkräften. Überall in Kosovo fanden in nie dagewesenem Ausmass Anstrengungen zur Alphabetisierung statt: 2.485 Kurse waren in der gesamten Provinz aktiv, mit mehr als 52.000 Teilnehmer*innen – darunter Männer und Frauen aller Altersgruppen, viele davon hielten zum ersten Mal in ihrem Leben einen Stift in der Hand. Lehrer*innen, Intellektuelle und Freiwillige spielten eine tragende Rolle in dieser Bildungsbewegung. Viele Unterstützer*innen kamen auch aus Albanien.
Rilindja begleitete die Alphabetisierung nicht nur redaktionell, sondern berichtete regelmässig über Fortschritte in den Kursen. Dutzende – wenn nicht Hunderte – von Artikeln widmeten sich lokalen Initiativen, dem Engagement der Lehrkräfte und der Beteiligung ganzer Dorfgemeinschaften. So blieb die Kampagne im öffentlichen Bewusstsein präsent, während die geleistete Arbeit in Stadt und Land sichtbar gemacht wurde.
Trotz aller Fortschritte gab es weiterhin grosse Herausforderungen – vor allem im Bereich der Grundbildung. Im Schuljahr 1945/46 etwa beendeten von 25.302 eingeschriebenen Schüler*innen nur 12.213 das Jahr erfolgreich. Im Folgejahr waren 45.692 Kinder registriert, davon führten 26.157 den Unterricht regelmässig fort. Im Schuljahr 1947/48 blieben von 51.225 Angemeldeten nur 17.421 bis zum Ende des ersten Quartals eingeschrieben. Rilindja griff diese Problematik am 14. April 1948 in einem Artikel auf und wies darauf hin, dass viele albanische Familien nicht ausreichend informiert gewesen seien – eine blosse Anmeldung reiche nicht, der regelmässige Schulbesuch sei entscheidend.
Die ersten Absolvent*innen der Höheren Pädagogischen Schule in Prishtina ("Rilindja" datiert vom Juli 16, 1959)

- Der erste Kurs für Journalist*innen
Im Sommer 1949 entschied sich Rilindja, den ersten Kurs für junge Journalist*innen, die im Feld arbeiten wollten, zu organisieren. Da es in Prishtina weder geeignete Räumlichkeiten noch ausreichend Personal gab, wurde der Kurs nach Graçanica verlegt. Einladungen wurden frühzeitig verschickt. Die Teilnehmenden reisten unter anderem aus Gjakova und Prizren an – per Lkw, Pferdewagen oder mit den wenigen verfügbaren Transportmitteln. Untergebracht wurden sie in den ehemaligen Mönchszimmern des Klosters. Der Kurs beinhaltete tägliche Vorträge und führte in die Grundprinzipien des Journalismus ein. Über mehrere Tage erhielten die Teilnehmer*innen eine grundlegende theoretische Ausbildung, um für die Arbeit in der Presse vorbereitet zu sein. Damit wurde ein erster Grundstein für den Journalismus in Kosovo gelegt.
- Rilindja und die Frauen
Die verkörpterte Presse: Selbstorganisiertes Rilindja

Der Wandel von Rilindja hin zu einer selbstverwalteten Institution spiegelte den breiteren politischen und wirtschaftlichen Wandel in Jugoslawien nach der Loslösung von der Sowjetunion 1948 wider. Isoliert vom Ostblock entwickelte Jugoslawien unter Tito ein einzigartiges Modell des dezentralisierten Sozialismus auf der Grundlage der Arbeiterselbstverwaltung. In diesem System wurden die Unternehmen – einschliesslich der Medien – von Arbeiterräten geleitet, um Demokratie, Produktivität und nationale Gleichheit zu fördern.
Für Rilindja wurde dieses Modell besonders wichtig nach der Verabschiedung des Gesetzes von 1950, das die Übertragung von Betrieben und Institutionen in die Hände der Arbeiter*innen ermöglichte. Trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage in Kosovo griff die Redaktion dieses Modell begeistert auf – als Möglichkeit, sowohl an der Produktion als auch an redaktionellen Entscheidungen aktiv teilzuhaben. Redakteur*innen, Journalist*innen und technisches Personal wirkten in Selbstverwaltungsorganen mit und bestimmten die Ausrichtung der Zeitung im gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben mit.
Der Kampf um eine sozialistische Transformation vollzog sich jedoch unter äusserst schwierigen Bedingungen. In der Landwirtschaft zum Beispiel führten die Bemühungen um die Gründung von Genossenschaften nur zu begrenzten Ergebnissen. In diesem Kontext entwickelte sich ein stiller, aber fortwährender Konflikt zwischen den „progressiven Kräften“ der Selbstverwaltung und tief verankerten bürokratischen Strukturen. Eine Zeitung zu einem wirklichen Instrument der arbeitenden Klasse zu machen – einer Zeitung, die sich der Demokratisierung, der nationalen Gleichstellung und der sozialistischen Einheit verpflichtet fühlte – war in diesem Umfeld keine leichte Aufgabe.
Im Jahr 1958 zog Gazeta Rilindja nach Prishtina um – in ein Gebäude, das zuvor als Kreisgefägnis gedient hatte. Am 29. November desselben Jahres erschien sie als Tageszeitung, mit Ausnahme des Freitags. Ymer Pula übernahm die Leitung, Asllan Fazliu die Chefredaktion. Unter den damaligen Bedingungen war das Erscheinen einer albanischsprachigen Tageszeitung im Kosovo ein mutiges und herausforderndes Unterfangen. Nur durch den festen Glauben an die Notwendigkeit und Wirkung einer solchen Presse konnten die enormen personellen, technischen, finanziellen und organisatorischen Hürden überwunden werden. Zum Zeitpunkt des Starts der Tagesausgabe arbeitete das Team Berichten zufolge nur mit zwei oder drei Schreibmaschinen.
Ab 3. Mai 1961 begann Rilindja täglich zu erscheinen – ein Ereignis, das mit dem Besuch Titos in Kosovo zusammenfiel. Bis 1975 wuchs die Zeitung auf 16 Seiten. Später erreichte sie regelmässig 20 bis 24 Seiten, teils sogar mehr. Die tägliche Auflage lag im Durchschnitt bei etwa 50.000 Exemplaren, während festliche Ausgaben bis zu 250.000 Exemplare erreichten.
Gemäss der ersten Satzung wurden zunächst sechs OTHPBs (Grundorganisationen der vereinten Arbeit) gegründet. Am 29. Mai 1979 stimmten die Beschäftigten in einem öffentlichen Referendum der Eingliederung des Buchverlags „Rilindja“ in die übergeordnete Organisation zu. Damit stieg die Zahl der OTHPBs innerhalb der OPGBG „Rilindja“ auf sieben.
Am 12. Februar 1985 wurde Rilindja offiziell als vollwertige Verlags-, Druck- und grafische Arbeitsorganisation (Organizata e Punës Botuese, Shtypit dhe Grafikës RILINDJA) anerkannt. Innerhalb dieser Struktur wurden die regulären Aktivitäten durch die folgenden sieben Basiseinheiten getragen:
- OTHPB des Redaktionskollegiums „Rilindja“ – zuständig für politische Berichterstattung und Tagesnachrichten
- OTHPB der Zeitschriften – Herausgabe kultureller, pädagogischer und jugendorientierter Magazine wie Jeta e Re, Pionieri, Kosovarja, Shkëndija u. a.
- OTHPB „Zëri i Rinisë“ (Stimme der Jugend) – im Fokus standen politische und gesellschaftliche Themen junger Menschen
- OTHPB des Redaktionskollegiums für Buchveröffentlichungen – konzentrierte sich auf Bücher, Literatur und Übersetzungens
- OTHPB Typografie – die grösste Einheit, zuständig für die qualitativ hochwertige Massenproduktion von Druckerzeugnissen
- OTHPB für Grosshandel, Einzelhandel, Export und Import – Vertrieb von Büchern, Lehrmaterialien und Schulbedarf über mehr als 40 Buchhandlungen im Kosovo und darüber hinaus
- OTHPB für Verkauf und wirtschaftliche Propaganda – koordinierte den Vertrieb der Presse durch über 350 Zeitungskioske
Dieses organisatorische Wachstum wurde durch eine Kombination aus öffentlicher Finanzierung und zunehmenden Eigeneinnahmen getragen. Zwischen 1981 und 1984 verdoppelten sich die Einnahmen von Rilindja von 1,5 auf nahezu 4 Milliarden Dinar – ein Ausdruck des zunehmenden Umfangs journalistischer und kommerzieller Tätigkeit. Trotz wachsender wirtschaftlicher Belastungen ermöglichte das Modell der Selbstverwaltung Rilindja, sich zur einflussreichsten albanischsprachigen Medieninstitution in Jugoslawien zu entwickeln – tief verwurzelt im öffentlichen Leben und im Alltag der Menschen im Kosovo.
RILINDJA initiierte und betreute mehrere andere Zeitungen und Zeitschriften, die sich mit Kultur, Literatur, Kunst, Bildung, Wissenschaft, Landwirtschaft, Kindern, Jugend und Frauen befassten. Zu den wichtigsten Publikationen zählten PËRPARIMI (Fortschritt), JETA E RE (Neues Leben), FJALA (Das Wort), SHKËNDIJA (Funke), ZËRI I RINISË (Stimme der Jugend), PIONIERI (Pionier), KOSOVARJA (Die Kosovarin), BAT (Grundlagen der technischen Bildung), GEP (Zeitung der Pioniere), BUJKU (Der Bauer) und das Satiremagazin THUMBI (Der Stachel).
Im Laufe der Jahre entwickelte sich parallel zum journalistischen Angebot eine bedeutende Druckindustrie unter dem Dach von RILINDJA. Bis Mitte der 1980er-Jahre wurden in albanischer Sprache über 3.200 Titel veröffentlicht – mit einer Gesamtauflage von rund 13 Millionen Exemplaren.
Neben der publizistischen Entwicklung baute die Arbeitsorganisation Rilindja eine leistungsfähige grafische Produktionskapazität auf. Die Druckerei war mit moderner Technik und Infrastruktur ausgestattet. Mitte der 1980er-Jahre beschäftigte die Organisation rund 1.300 Mitarbeitende, fast die Hälfte davon in grafischen Berufen – viele von ihnen hochqualifizierte Fachkräfte. Durch ihre verlegerische und grafische Tätigkeit spielte Rilindja seit den ersten Jahren des Wiederaufbaus nach dem Krieg eine zentrale Rolle für die kulturelle Entwicklung der Albaner*innen in Kosovo.

Der Bau des Pressepalastes Rilindja

Die Idee für einen gross angelegten Pressepalast zur Unterbringung von Rilindja entstand in den 1960er-Jahren – als Ausdruck des rasanten Wachstums der Zeitung und der umfassenden Investitionen Jugoslawiens in eine moderne sozialistische Infrastruktur im Zeichen von Brüderlichkeit und Einheit und unter dem Motto: „Zerstöre das Alte, um das Neue zu schaffen.“ Auf Initiative der Mitarbeiter*innen von Rilindja, die sich direkt an höchste Institutionen der Föderation wandten, begann 1970 die ernsthafte Projektplanung – begleitet von der Einsetzung einer Expert*innengruppe, die mit der Ausarbeitung und finanziellen Absicherung des Vorhabens beauftragt war.
Der Grundstein wurde 1972 gelegt. Aufgrund finanzieller Engpässe musste der Bau jedoch unterbrochen werden und wurde erst Ende 1973 wieder aufgenommen. Geplant war nicht nur ein Gebäude für die Presse und das Verlagswesen, sondern ein offenes Haus mit kulturellen und öffentlichen Funktionen für Prishtina. Als Vorbilder dienten bedeutende Verlagshäuser aus dem gesamten jugoslawischen Raum – darunter Vjesnik (Zagreb), Borba und Politika (Belgrad) sowie Dnevnik (Novi Sad).
Der Pressepalast war als langfristige Investition gedacht – als Infrastruktur für Journalismus und grafische Produktion, die den Entwicklungen im Kosovo für mindestens ein halbes Jahrhundert dienen sollte. Nach eingehender Programmanalyse und baulichen Anpassungen – einschliesslich Input von führenden Architekten – wurde das endgültige Modell zur Umsetzung freigegeben.
Entworfen wurde das Gebäude vom renommierten mazedonischen Architekten, Pädagogen und Autor Georgi Konstantinovski (*29. Juli 1930). Nach seinem Architekturstudium an der Universität der Kyrill und Method in Skopje (1956) absolvierte er ein Masterstudium an der Yale University (1965). Bekannt wurde Konstantinovski für seine frühe brutalistische Architektur – er realisierte über 450 Projekte im Bereich Architektur und Städtebau, stets geprägt von einer individuellen Verbindung von Struktur, Funktion und gestalterischer Idee.
Zum Zeitpunkt seines Baus war das Rilindja-Gebäude das höchste Bauwerk im sich wandelnden Stadtbild von Pristina. Es beherbergte die Redaktionen von drei Zeitungen in drei Sprachen: Rilindja (Albanisch), Jedinstvo (Serbokroatisch) und Tan (Türkisch) – ein Sinnbild des multikulturellen Kontexts, dem es diente. Konstantinovski übernahm das Projekt 1972, nach seiner viel beachteten Arbeit am Stadtarchiv und am Studierendenwohnheim „Goce Delčev“.
An Rilindja reizte ihn besonders die vertikale Dimension des Bauwerks – ein architektonischer Typus, der ihn überzeugte. Sein Ziel damit war es, den Modernismus zu “humanisieren”: durch eine Architektur, die Körpermasse und psychologisches Empfinden gegenüber Form und Raum ernst nimmt. Damit setzte er sich bewusst vom objektiven Funktionalismus der Bauhaus-Schule und des Internationalen Stils ab – zugunsten eines subjektiven, erfahrungsbasierten Ansatzes. Die Gestaltung zeichnete sich durch tief eingeschnittene vertikale Fenster in einem modularen Betongerüst aus – rhythmisch angeordnet, nicht nach industriellen Standardmassen, sondern nach einer architektonischen Logik, die aus dem Kontext heraus gedacht war.
Konstantinovski glaubte an die soziale Kraft von Architektur. Anders als viele seiner modernistischen Zeitgenossen, die kollektive Transformation verfolgten, strebte er gesellschaftlichen Wandel durch eine eigene Formensprache an – verwurzelt in materieller Ehrlichkeit und emotionaler Wirkung.
Der Bau nahm ab 1974 deutlich Fahrt auf. Das Projekt umfasste über 50.000 m², mit einem Grundriss von 120 × 190 Metern und einer finalen Höhe von 18 Stockwerken (87 Meter). Es wurde zu einem der grössten und technologisch fortschrittlichsten Druckzentren in ganz Jugoslawien. 1976 begann der Umzug der Druck- und Redaktionsabteilungen von Rilindja in das neue Gebäude – begleitet von der Installation importierter Maschinen. Die Ausbildung von qualifiziertem Fachpersonal zur Bedienung der modernen Technik wurde zur Priorität. Dazu wurden gezielte Programme und Stipendien in Belgrad, Prishtina und im Ausland eingerichtet, um redaktionelle wie technische Kompetenzen nach internationalen Standards zu fördern.
Im März 1978 wurde der Redaktionsturm offiziell eröffnet – er vereinte alle Bereiche von Rilindja, darunter die albanische Hauptredaktion und weitere unabhängige Einheiten. Bis 1982, nach der Integration des Buchvertriebsnetzwerks, war die Mitarbeiter*innenzahl auf über 1.200 gestiegen und hatte sich damit innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt.
Auch wirtschaftlich wuchs Rilindja rasant: Der Bruttoerlös stieg von 83 Millionen Dinar im Jahr 1972 auf über 2 Milliarden Dinar im Jahr 1982. Insgesamt beliefen sich die Investitionen in den Pressepalast auf 356 Millionen Dinar – finanziert durch Bankkredite, staatliche Unterstützung, externe Quellen und interne Beiträge der Mitarbeiter*innen selbst.
Der Pressepalast von Rilindja – bald bekannt als „eine Stadt unter einem Dach“ – wurde weit mehr als nur ein Medienzentrum. Er wurde zum Symbol der kulturellen, beruflichen und industriellen Modernisierung Kosovos.
Die 1990er: Rilindja unter Belagerung
Die 1990er-Jahre markierten das repressivste und politisch gewalttätigste Jahrzehnt in der Geschichte von Rilindja. Einst das Fundament des albanischsprachigen Journalismus und Verlagswesens im Kosovo, wurde Rilindja zum zentralen Ziel der serbischen Kampagne zur Unterdrückung der Autonomie Kosovos und zur Zerschlagung seiner albanisch geführten Institutionen. Nach der Aufhebung der Autonomie Kosovos im Jahr 1989 durch Slobodan Milošević und dem Aufstieg des serbischen Nationalismus verschärfte sich der Druck auf albanische Einrichtungen rasant. Am 2. Juli 1990 – unter Ausgangssperre und umstellt von serbischen Truppen – verabschiedeten 114 albanische und weitere Abgeordnete der Kosovo-Versammlung die Verfassungsdeklaration zur Unabhängigkeit. Rilindja stellte sich klar hinter diese Erklärung – symbolisch wie redaktionell. Die Ausgabe vom 2. Juli trug den Titel: „Die Versammlung Kosovos gehört dem Volk – Entscheidungen dürfen nur im Sinne des Volkes getroffen werden.“
Tags darauf folgte der Leitartikel „Kosovo wurde als gleichberechtigtes und unabhängiges Subjekt innerhalb Jugoslawiens erklärt“ – die Erklärung wurde nicht nur als rechtlich-politischer Akt, sondern als Ausdruck des Volkswillens gedeutet. Titel wie „der Beginn von morgen“ oder „nur im Dialog für das zukünftige Jugoslawien“ begleiteten Berichte über breite öffentliche Unterstützung, Proteste und Solidaritätserklärungen von Gewerkschaften.
Doch dieser redaktionelle Mut hatte seinen Preis.
Am 5. Juli 1990 wurde der Radio-Fernseh-Sender Prishtina von serbischen Kräften gewaltsam geschlossen, einen Monat später folgte Rilindja. Am 8. August 1990 stürmte die serbische Polizei den Pressepalast – das Hochhaus von Rilindja im Zentrum von Prishtina. Über die Redaktion wurde eine Ausgangssperre verhängt, und das tägliche Erscheinen der Zeitung wurde offiziell verboten, nachdem die Rilindja Redaktion sich weigerte, das Blatt zum “amtlichen Organ des serbischen Parlaments” zu erklären. Rilindja lehnte ab. Der Leitartikel vom 6. Juli trug den Titel „Klassische Besatzung“ – ein offener Akt des Widerstands gegen die serbische Vereinnahmung. Chefredakteur Nazmi Misini und das gesamte Redaktionsteam verweigerten den Gehorsam – niemand erklärte sich bereit, mit den Besatzungsbehörden zu kooperieren. Nach dem Verbot wurde das Team aus dem Gebäude vertrieben, die Institution ihrer Rechtsstellung beraubt. Doch die Journalist*innen organisierten sich schnell neu. Am 18. Januar 1991 wurde die landwirtschaftliche Wochenzeitung Bujku wiederbelebt und diente fortan als faktische Fortführung von Rilindja – unter neuem Namen, um das Verbot zu umgehen. Zwar war Bujku offiziell zugelassen, trug aber unverkennbar den redaktionellen Ton, das Personal und den Geist von Rilindja. Auch in dieser Zeit setzte sich der Widerstand fort.

Fotografie von Ilaz Bylykbashi
1993 versuchte die serbische Regierung, den Verlag Rilindja in „Panorama“ umzubenennen und eine serbische Leitung einzusetzen. Als Reaktion organisierte die Redaktion einen Hungerstreik im Pressepalast. Angeführt von Adem Demaçi und unterstützt von Dutzenden Journalist*innen dauerte der Streik über eine Woche. Obwohl er erfolglos endete, wurde weiterhin unter Bujku veröffentlicht – trotz ständiger Zensur, Drohungen und Unterbrechungen. Die Ausgaben wurden in Privatwohnungen vorbereitet und heimlich gedruckt – selbst als serbische Scharfschützen auf das Verlagsgebäude zielten. Trotz der Lage im Kosovo bestand Rilindja im Exil weiter: 1992 zog ein Team nach Aarau (Schweiz), wo Rilindja në Mërgim („Rilindja im Exil“) entstand. In enger Zusammenarbeit mit Bujku wurde derselbe Inhalt veröffentlicht und verbreitet. In Aarau wurden täglich rund 12.000 Exemplare gedruckt, die in Europa, den USA und Australien zirkulierten. Ziel war es, die albanische Diaspora über die Lage in Kosovo zu informieren und die internationale Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Die Exilausgabe bestand bis 1996 fort, während Rilindja zwischenzeitlich auch aus Tirana (Albanien) arbeitete. Trotz aller Widrigkeiten hielt das Team im In- und Ausland durch – bis zu den letzten Tagen vor dem NATO-Eingriff im März 1999.
Rilindja nach dem Kosovo-Krieg
Nach dem Ende des Krieges im Jahr 1999 erschien Rilindja – einst die einflussreichste albanischsprachige Zeitung Jugoslawiens – kurzzeitig wieder als Tageszeitung. Die erste Nachkriegsausgabe erschien am 12. Juni 1999, am selben Tag, an dem NATO-Truppen in den Kosovo einmarschierten – ein symbolischer Neubeginn der freien albanischen Presse nach fast einem Jahrzehnt der Unterdrückung. Doch das Comeback von Rilindja scheiterte bald an den Realitäten des wirtschaftlichen Umbruchs und der internationalen Verwaltung Kosovos.
Gemäß UNMIK-Verordnung 1999/1 ging öffentliches Eigentum, das auf die ehemalige jugoslawische Staatsebene registriert war, in internationale Treuhandschaft über. Als gesellschaftlich eigentumsrechtlich geführtes Unternehmen wurde Rilindja 2002 der neu gegründeten Kosovo Trust Agency (KTA) unterstellt – laut Verordnung 2002/12. Ziel war ihre Verwaltung und die spätere Privatisierung. Doch der Prozess war von Eigentumskonflikten, rechtlicher Unklarheit und der faktischen Ausgrenzung der Belegschaft geprägt.
Am 21. Februar 2002 kappte UNMIK die Stromversorgung im Pressepalast und versiegelte das Gebäude mit Eisenverstrebungen. Journalist*innen wurden gewaltsam vertrieben – viele weigerten sich dennoch zu kündigen. Die tägliche Veröffentlichung wurde eingestellt, doch das Redaktionsteam produzierte weiterhin Sonder- und Protestausgaben – insbesondere zu bedeutenden Anlässen wie der Unabhängigkeitserklärung Kosovos 2008.
Die Privatisierung gesellschaftlicher Betriebe wurde zur zentralen Strategie der UNMIK-Wirtschaftspolitik – umgesetzt durch die EU-Säule IV, trotz breiter Kritik. Die Entscheidungen wurden außerhalb Kosovos getroffen, meist ohne Rücksprache mit lokalen Akteur*innen. Auch Rilindja blieb davon nicht verschont. 2008 wurde die Nachfolgeagentur Kosovo Privatisation Agency (KPA) gegründet. Diese leitete 2014 die Liquidation des grafischen Betriebs von Rilindja ein, 2017 folgte die Zeitungsredaktion. Anstatt das Verlagswesen im Kosovo wiederzubeleben, wurde Rilindja so auf eine Verwaltungsakte reduziert – zum Gegenstand von Vermögensverkäufen und Gläubigerregelungen.
Der Pressepalast durchlief unterdessen eine radikale bauliche Umwandlung – zum glänzenden, gläsernen Verwaltungsgebäude im Stil der sogenannten Turbo-Architektur. Die ursprüngliche Identität des Gebäudes ging verloren. Wie Konstantinovski bei einem Besuch 2014 sagte: „Ich erkenne es nicht wieder.“
Im selben Jahr wurde das Gebäude vom Staat für institutionelle Zwecke enteignet. Heute beherbergt es mehrere Ministerien: Ministerium für Inneres, Ministerium für Justiz, Ministerium für Kommunalverwaltung, Ministerium für Umwelt, Raumplanung und Infrastruktur. Bis 2022 wurde das Gebäude vollständig vom KPA an das Innenministerium übertragen. Die Liquidation war keine klassische Privatisierung, sondern eine administrative Abwicklung – wobei ehemalige Mitarbeiter*innen als Gläubiger anerkannt wurden, mit Anspruch auf einen Anteil am Vermögenswert.
Ironischerweise zog 2021 die KPA selbst in die Räume ein, in denen einst die Druckmaschinen von Rilindja liefen. Während das Gebäude weitergenutzt wird, warten die Mitarbeiter*innen bis heute auf ihren Anteil – laut Gesetz 20 Prozent des Unternehmenswerts. Viele haben Klage vor der Sonderkammer des Obersten Gerichts eingereicht, um ihr Recht geltend zu machen – einschliesslich der Anerkennung ihrer Arbeitszeit während der Besatzung, nach der einige mit einer Rente von 100 Euro auskommen müssen. Für viele ist der Kampf nicht nur juristisch, sondern eine Frage der Würde – und der Verteidigung einer Institution, die einst den kollektiven Willen einer Nation im Widerstand verkörperte.
Der amtierende Minister für Kultur, Jugend und Sport, Hajrullah Çeku, hat mehr als jeder seiner Vorgänger*innen in den Erhalt des kulturellen Erbes investiert – das scheint unumstritten. Seine kulturpolitische Strategie betont den Aufbau nachhaltiger Institutionen, doch dieser Ansatz hat bislang keine nachhaltige Perspektive im breiteren sozialen, kulturellen, architektonischen und künstlerischen Kontext des Kosovo hervorgebracht.
Anstatt die Gründung eines Museums für zeitgenössische Kunst zu unterstützen - was wohl in ihren Expertisebereich gefallen wäre und zu etwas Nachhaltigerem hätte führen können - gründete die Manifesta 14 Prishtina das Centre for Narrative Practice (Zentrum für narrative Praxis) als institutionelles Vermächtnis in den Räumlichkeiten der ehemaligen Hivzi Sylejmani-Bibliothek. Obwohl das Zentrum ursprünglich literarische Praktiken einbeziehen sollte, verlagerte sich der Fokus auf einen inklusiven, interdisziplinären Zugang zu Gemeinschaftsarbeit und künstlerischem Ausdruck – ein typischer Zug neoliberaler Kulturorganisationen der letzten Dekade, insbesondere im imperialen Kontext westlicher Institutionen, die im Kosovo tätig sind.
Die Finanzierung dieses Zentrums – gedacht als nachhaltige Institution – kostete Kosovo mehrere Hunderttausend Euro. Nach dem Ende der Manifesta-Biennale instrumentalisierten verschiedene Einzelakteur*innen aus der kosovarischen Kunstszene, in Zusammenarbeit mit dem Kulturministerium und der Stadtverwaltung Pristina, das Projekt und ignorierten kritische Stimmen, die bereits auf die nicht tragfähige Managementstruktur hingewiesen hatten. Nur knapp ein Jahr nach der Biennale erwies sich die Skepsis gegenüber der Leitung des Zentrums als berechtigt – das Zentrum wurde geschlossen und ist seither funktionslos.
Im Anschluss an Manifesta 14 Prishtina schien den kosovarischen Institutionen – insbesondere dem Kulturministerium – bewusst zu werden, dass aus der Biennale keine nachhaltigen Ergebnisse hervorgegangen waren. Man verlagerte die Aufmerksamkeit stattdessen auf die internationale Sichtbarkeit, die Manifesta dem Kosovo verschafft hatte, und auf die vermeintlichen Impulse für die Kunstszene – öffentlich blieb man diplomatisch still.
Dieses Momentum wurde genutzt, um die erste öffentliche Konferenz zur Ankündigung des Museums für Zeitgenössische Kunst des Kosovo zu organisieren – erneut initiiert und geleitet von Yll Rugova. Die Veranstaltung sollte die breite Öffentlichkeit sowie die mit Manifesta 14 verbundenen künstlerischen Kreise in einen offenen Diskurs einbinden. Obwohl die Initiative im Jahr 2022 neuartig war, wirkte die Konferenz selbst unstrukturiert und chaotisch. Sie vermittelte lediglich die Illusion von Teilhabe – aus externer Perspektive wirkte sie eher wie eine Inszenierung, ein Spektakel von institutionellem Symbolismus.
Dennoch zeigte sich das Ministerium bis Oktober 2023 entschlossener und verkündete im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung klar, wie und von wem das Museum geleitet werden soll.
Darin erklärten sie folgendes:
Das Museum ist eine Idee, die vor 23 Jahren initiiert wurde, und in den vergangenen 17 Jahren hat das Land verschiedene Anläufe unternommen, es zu realisieren – alle sind gescheitert. Das Museum für Zeitgenössische Kunst ist eine Institution von grosser Bedeutung für die Kultur des Kosovo, insbesondere für die Bildende Kunst. Von den ersten Initiativen in den 1970er-Jahren bis zu den neueren Plänen für einen Neubau sind die letzten zwei Jahrzehnte von kontinuierlichen Herausforderungen geprägt gewesen, die die Gründung einer solchen Institution verhinderten.
Der Initiativrat für das Museum für Zeitgenössische Kunst wurde durch den Beschluss von Minister Hajrulla Çeku vom Ministerium für Kultur, Jugend und Sport in Prishtina am 31. Mai 2022 (Nr. 75/2022) ins Leben gerufen. Seine Mitglieder*innen sind: Yll Rugova (Vorsitz), Petrit Halilaj, Flaka Haliti, Sislej Xhafa, Erëmirë Krasniqi, Zake Prelvukaj, Nita Salihu Hoxha, Valdete Pacolli und Fisnik Abazi als Vertreter des MKJS. Nicht stimmberechtigtes Mitglied: Rozafa Imami (MKJS); Sekretärin: Arbenita Nuza (MKJS).
Yll Rugo erklärte zudem, dass das Team regelmässig tagte, Workshops organisierte und in Arbeitsgruppen arbeitete. Infolgedessen ist geplant, die Ausschreibung für die architektonische Phase des Neuebaus im Juni 2024 zu veröffentlichen – Baubeginn ist für August 2025 vorgesehen.
Drei Standorte sind für den Bau des Museums für Zeitgenössischen Kunst in Betracht gezogen worden. In dieser öffentlichen Ankündigung wurde erklärt, dass die ehemalige Druckerei Rilindja der bevorzugte Standort bleibt. Da es sich zum damaligen Zeitpunkt jedoch im Besitz des Innenministeriums befand, steht die endgültige Entscheidung noch aus, so Kulturminister Hajrulla Çeku im Jahr 2023.
Im Dezember 2023 veröffentlichte das Ministerium für Kultur, Jugend und Sport auf seiner offiziellen Webseite das Konzeptdokument, das die Gründungsvision für das Museum für Zeitgenössische Kunst Kosovos unter dem Namen RILINDJA beschreibt.
Darin heisst es:
"Nach zahlreichen Diskussionen im Initiativrat des Museums für Zeitgenössische Kunst Kosovos, mit Fachleuten aus Architektur, Stadtplanung sowie Kunst- und Kulturbereich, haben wir die Entscheidung getroffen, das ehemalige Rilindja-Druckereigebäude als Standort für das Museum für Zeitgenössische Kunst Kosovos zu bestimmen."
Weiter heisst es, dass „das Gebäude der ehemaligen Rilindja-Druckerei in den letzten zwei Jahrzehnten diversen funktionalen Umwandlungen unterzogen wurde, die erhebliche strukturelle Schäden und Beeinträchtigungen der Fassade hinterlassen haben. Das neue Museum für Zeitgenössische Kunst Kosovos (MABK), das in diesem historischen Gebäude geplant ist, hat das Ziel, dessen Erbe als Denkmal von nationaler Bedeutung zu bewahren und kritisch weiterzuentwickeln. Als hybride Institution wird das MABK nicht nur zeitgenössische Kunst sammeln und ausstellen, sondern auch als zentrales Zentrum für das mobile Kulturerbe des Landes fungieren – mit Aufgaben wie Archivierung, Konservierung, Ausbildung von Fachpersonal und Restaurierung. Im Geiste der Rilindja-Tradition als Ort vielschichtiger und umkämpfter Erzählungen wird das Museum eine Plattform für kritische Reflexion durch zeitgenössische künstlerische Praxis bieten.“
Was konkrete Kooperationen zur historischen Tätigkeit von Rilindja betrifft, wird im Konzeptdokument lediglich die Zusammenarbeit mit “Arkivi Rilindja” erwähnt – im Sinne einer infrastrukturellen Erinnerung an das Museumsgebäude. Man schreibt, dass “dieser Raum innerhalb des MABK einzigartig sein wird und bereits am Eingang klar erkenntlich machen soll, dass er eine historische Reflexion des Gebäudes darstellt. Die Sammlungsinitativen des Archivs Rilindja sollen integriert werden, um eine neue Synergie zu schaffen, welche die Geschichte des Gebäudes und der bedeutenden Kulturinstitution, die einst darin tätig war, sichtbar macht.” Ebenso wird die Initiative “Hapësira” erwähnt, die in den Räumen der Rilindja-Rave-Partys organisiert hat, sie soll in das Programm des Museums eingebunden werden.
Hingegen wurde bislang kein direkter Schritt unternommen, um Personen oder Fachleute aus der literarischen und verlegerischen Gemeinschaft öffentlich einzubeziehen – auch nicht bei jenen Initiativen, auf die man sich bezieht, wie etwa Arkivi Rilindja. Deren Gründerin, Ervina Halili, erklärte, sie sei im Zusammenhang mit der Auswahl von Rilindja als Museumsstandort, weder vom Ministerium noch von anderen Beteiligten kontaktiert worden. In einem persönlichen Gespräch mit dem Kommissar des Museums, Yll Rugova, sagte dieser, das Interesse an Rilindja rühre vom Wunsch her, die Infrastruktur vor einer erneuten Umwandlung in Büroflächen zu bewahren und sie für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten.
Unterdessen variieren die Gespräche mit privaten Forscher*innen und ehemaligen Rilindja-Mitarbeiter*innen. Manche Forscher*innen äussern vorsichtige Unterstützung für die Initiative – mit dem Argument, dass auch ein kleiner Schritt besser sei als gar keiner. Viele Literaturkritiker*innen, Autor*innen und frühere Rilindja-Angestellte hingegen empfingen die Entscheidung, das Museum für Zeitgenössische Kunst in das Rilindja-Gebäude zu verlegen, als beleidigend – vor allem, weil niemand aus ihrer Gemeinschaft konsultiert wurde. Sollte es eine Konsultation gegeben haben, so wurde diese nicht öffentlich gemacht. Auch wurden keine Fachpersonen mit Expertise zur historischen oder kulturellen Bedeutung von Rilindja in das Initiativkomitee des Museums einbezogen. Die Arbeitsgruppe des Konzeptdokuments mit dem Titel „Kontexte der Architektur“, zu der Valdete Pacolli und Sislej Xhafa gehören (mit externen Berater*innen wie Yehuda Safran, Alenka Gregorič, Jernej Šipoš und Boris Matić), enthält keine Mitglieder*innen mit beruflichem Hintergrund, der es ihnen ermöglichen würde, die Konsequenzen einer Ansiedlung des Museums im Rilindja-Gebäude angemessen zu reflektieren – zumal der Staat Kosovo bislang Rilindjas tiefgreifende gesellschaftliche Wirkung nicht offiziell anerkannt hat.
Als ich diese Bedenken gegenüber der derzeitigen Museumsdirektorin Arlinda Hajrullahu äusserte, erklärte sie, dass das Ministerium für Februar 2025 eine Ausschreibung plane, um Forscher*innen und Architekt*innen zur Dokumentation der Architekturgeschichte Rilindjas einzuladen. Sie sagt auch, dass die noch vorhandenen Maschinen der Rilindja-Druckerei in das Museum integriert werden sollen – als Hinweis auf die historische Präsenz von Rilindja in diesen Räumlichkeiten. Gleichzeitig räumte sie ein, dass eine tiefere Auseinandersetzung mit Rilindjas kultuellen Wirken – vermutlich der ältesten kulturellen Initiative Kosovos – bisher nicht geplant sei. Eine entsprechende Ausschreibung wurde bisher nicht auf offiziellen Seiten veröffentlicht.
In der Zwischenzeit wurde stattdessen der Wettbewerb für das Museumslogo veröffentlicht – eine Initiative, die in Kontroversen endete, da das ausgewählte Logo vielfach als Plagiat kritisiert wurde. Im Rahmen dieser Ausschreibung wurde zudem beschlossen, das Museum nicht mehr nach Rilindja zu benennen, sondern lediglich als Museum für Zeitgenössische Kunst Kosovos zu führen.
Da die ehemaligen Druckereieinbauten von Rillindja – derzeit leerstehend, zukünftig Teil des MCAK – nun als Kulturerbe unter dem Schutz des Kultusministeriums stehen, stellt sich die Frage: unter welchem Vorwand wird dieses architektonische Erbe beansprucht? Es wirkt tief widersprüchlich und ironisch: Während das Ministerium die Architektur Rilindjas als kulturelles Erbe des Staates Kosovo anerkennt, versäumt es gleichzeitig, den zentralen Widerspruch zu adressieren – wenn Rilindjas Architektur tatsächlich von solcher Bedeutung ist, warum wird der Initiative selbst dann nicht der Raum, die Mittel und die Autorität zugestanden, um zu bestimmen, wie dieses Erbe bewahrt und der Öffentlichkeit vermittelt werden soll?
Und da sich die Vertreter*innen des Museums für Zeitgenössische Kunst Kosovos verpflichtet sehen, diese Aufgabe im Namen von Rilindjas Würde zu übernehmen, muss man fragen: Wer hat ihnen das Mandat dazu erteilt? Ist es nicht paradox – ja fast naiv –, anzunehmen, dass ein Museum, dessen Sammlungsgeschichte erst in den 1990er-Jahren beginnt, die literarische und kulturelle Hinterlassenschaft Rilindjas, die über sechs Jahrzehnte reicht, authentisch vertreten kann?
Darüber hinaus wird jede Diskussion über Rilindjas Erbe im Zusammenhang mit der Gründung des Museums für Zeitgenössische Kunst des Kosovo unfruchtbar, sobald sie in ein falsches Entweder-Oder entgleitet – in eine Debatte, bei der die Legitimität des einen auf Kosten des anderen bestritten wird. Das eigentliche Problem liegt anderswo: Das Kulturministerium hat es versäumt, Rilindjas Erbe klar zu definieren, und es stattdessen in einem wirren und inkohärenten Konglomerat aus historischen Narrativen und fachlich unausgerichteten Zuständigkeiten aufgehen lassen. Damit wurden zwei fundamental unterschiedliche Entwicklungen in einen oberflächlichen Kompromiss gepresst – ein Kompromiss, der scheinbar nicht dazu dient, eine der beiden Seiten zu ehren, sondern gerade so viel symbolische Befriedigung liefert, um sich der Verantwortung zu entziehen.
Das Rilindja-Druckhaus
Da bisher keine Institution gegründet wurde, die die historische Entwicklung der Presse im Kosovo sowie ihren Einfluss auf die Institutionalisierung der albanischen Sprache archiviert und dokumentiert, bleibt ein wesentlicher Teil der Identität des Landes unerkannt – nämlich die Presse als grundlegendes Werkzeug bei der Formierung des nationalen Bewusstseins. Ungeachtet ihrer politischen Widersprüche und Fehler steht Rilindja in dieser Hinsicht als die früheste und beständigste kulturelle Initiative des Kosovo. Wie Benedict Anderson einst feststellte, war die Entstehung eines jeden Nationalstaats untrennbar mit dem Aufkommen des Printkapitalismus verbunden – und ebenso wäre im Fall Kosovos die Vorstellung einer Nation ohne Rilindjas Rolle bei der Aufrechterhaltung einer eigenständigen albanischen Identität undenkbar gewesen. Heute steht das Rilindja-Gebäude sinnbildlich für genau diese Staatsbildung: verwundet, seiner ästhetischen und materiellen Authentizität beraubt, und dennoch von symbolischer und historischer Bedeutung.
Das Museum für Zeitgenössische Kunst auf dem Erbe Rilindjas zu gründen – ohne dessen kulturelle und historische Grundlage anzuerkennen – würde den letzten Akt institutioneller Vernachlässigung darstellen. Es wäre der Moment, in dem die kosovarischen Institutionen und die kulturelle Elite gemeinsam die sprachliche Dimension nationaler Identität aufgeben – jene Grundlage, auf der der Nationalstaat überhaupt erst möglich wurde. Stattdessen dominiert heute ein eskapistischer Modernismus, importiert aus der westlichen Bildkultur und in unseren Institutionen weitgehend unreflektiert übernommen: ein Fortschrittsnarrativ, das mehr auslöscht als es aufbaut.
Anstatt zu schweigen oder diese Realität stillschweigend hinzunehmen, haben wir uns – trotz des begrenzten Einflusses, den wir vielleicht haben – entschieden, zu handeln. Wir haben uns dafür entschieden, laut zu sprechen, anstatt stillschweigens einen weiteren Versuch zu akzeptieren, uns glauben zu machen, dass “etwas besser ist als nichts.” Sowohl ideell als auch praktisch, inspiriert durch Ervina Halilis Aufruf, Rilindja als Shtëpia e Librit (Haus des Buches) zu fördern, beanspruchen wir von Potpuri die ehemaligen Druckereianbauten von Rilindja als den legitimen Raum für ein künftiges Hous of Press (Haus der Presse) – eines, das den Namen Rilindja trägt und sein Vermächtnis mit Würde und Zielstrebigkeit weiterführt.
Where is Rilindja?
Hier haben wir die Institutionen und unabhängigen Initiativen kartiert, die im Laufe der Jahre Teile des Erbes von Rilindja der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben – auch wenn keine davon ein vollständiges Bild vermittelt. Im Einklang mit der Mission von Potpuri möchten wir zukünftige Kooperationen unterstützen und/oder anstossen, die zur Schaffung einer Initiative führen könnten, welche ein umfassendes, öffentlich zugängliches Archiv des Rilindja-Erbes aufbaut.
- Die Staatsagentur für Archive Kosovos
Die Staatsagentur für Archive Kosovos besitzt die grösste Sammlung an Rilindja-Publikationen. Das Archiv ist öffentlich zugänglich, jede interessierte Person kann die Bestände einsehen. Laut der Institution bleibt Rilindja bis heute die meistgefragte und am häufigsten genutzte Forschungsquelle ihrer Sammlung. Zudem hat das Archiv Pläne angekündigt, das Zeitungsarchiv von Rilindja vollständig zu digitalisieren.
Folgende Rilindja-bezogene Publikationen befinden sich physisch im Archiv:
- Rilindja (1945–1986)
- Hinweis: Das Jahr 1945 ist unvollständig, jedoch besitzt das Archiv als einzige Institution die erste gedruckte Ausgabe von Rilindja.
- Fehlende Ausgaben: Juli–November 1967, Januar–April 1985, Juni–November 1986.
- Zëri i Rinisë (1958–1979)
- Nur einzelne Jahrgänge.
- Përparimi (1946–1970)
- Ein Jahrgang pro Jahr.
- Fehlende Jahre: 1949–1955, 1961, 1963–1967.
- Jeta e Re (1951–1970)
- Einzelne Jahrgänge.
- Fehlende Jahre: 1956–1957.
- Bota e Re (1970–1970)
- 1971 fehlt.
- Shkëndija (1972–1974)
- Ein Jahrgang pro Jahr.
- Pionieri (1958–1965)
- Ein Jahrgang pro Jahr.
- Fjala (1968–1972)
- Ein Jahrgang pro Jahr.
- BAT (1972)
- Ein Jahrgang.
- Jedinstvo (1945–1948)
- Fehlende Jahre: 1950, 1953–1955, 1960, und 1963
- Nationale Bibliothek Kosovos “Pjetër Bogdani”
Die Nationale Bibliothek Kosovos besitzt tausende Ausgaben in ihrer Sammlung, täglich werden unterschiedliche Ausgaben von den Leser*innen in der Abteilung Benutzerservice angefordert.
Um sich den Bedürfnissen heutiger Nutzer*innen anzupassen, bietet die Bibliothek auf ihrer digitalen Plattform digitalisierte Ausgaben der Zeitung an, von der ersten Ausgabe bis zu jener vom 15. März 1983 aus dem Bibliotheksbestand. Hier sind die digitalisierten Ausgaben auffindbar: https://bibliotekadigjitale-ks.org/dashboard
- Kantonsbibliothek Aargau
- Digitale Buchplattform – FLOSSK
Dieses Projekt hatte zum Ziel, die Zeitung Rilindja über die digitale Buchplattform books.flossk.org zu digitalisieren.
Auf der Plattform finden sich vereinzelte gescannte Ausgaben von 1948 bis zum 30. Dezember 1988. Ebenso ist die alternative Zeitung Bujku, die als Fortsetzung von Rilindja in den 1990er-Jahren gilt, dort abrufbar – mit sporadischen Ausgaben vom 18. Januar 1991 bis zum 30. Dezember 1998.
- Unabhängige Forscher*innen und private Sammlungen
- Trotz der Tatsache, dass Rilindja oft als die umfassendste Quelle zur Dokumentation eines bedeutenden Abschnitts der Geschichte Kosovos zitiert wird, bleibt sie eines der am wenigsten erforschten Projekte. Die zentrale Forscherin, die sich diesem Erbe widmet, ist Ervina Halili, die das Projekt Arkivi Rilindja (arkivirilindja.com) leitet. Durch ihre Arbeit – die noch nicht vollständig öffentlich zugänglich ist – hat sie umfangreiches Material und Informationen zu den Aktivitäten von Rilindja gesammelt. Besonders erwähnenswert ist ihr Eingreifen zur Rettung der letzten verbliebenen Druckmaschinen von Rilindja, die von der kosovarischen Privatisierungsagentur verschrottet werden sollten. Diese Maschinen befinden sich heute im Besitz des Museums für zeitgenössische Kunst Kosovos. Bis heute bleibt Ervina Halili die führende Aktivistin und Forscherin, die sich für die Anerkennung der kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung von Rilindja in Kosovo einsetzt.
- Kürzlich führten Elisa Maxhuni und Tringa Sefedini ein Forschungsprojekt durch, das auf persönlichen Interviews mit ehemaligen Rilindja-Mitarbeiter*innen basiert. Die Interviews wurden in Form einer Zeitung mit dem Titel “Radhitje në Plumb, Germë për Germë” (Satz in Blei, Buchstabe für Buchstabe) veröffentlicht – als Hommage an die Arbeit und das Vermächtnis von Rilindja.
- Viele ehemalige Mitarbeiter*innen sowie Privatpersonen haben vereinzelte Publikationen und Fragmente des Erbes bewahrt – einige von ihnen treten regelmässig im Fernsehen oder in den sozialen Medien auf. Ein öffentlicher Aufruf zur Sammlung solcher Materialien könnte neue Hoffnung für den Aufbau eines umfassenderen Archivs wecken – insbesondere mit der anhaltenden Unterstützung dieser Einzelpersonen.
- Oral History Kosovo
Unter der Kampagne #WhereIsRilindja und im Rahmen der kontinuierlichen Arbeit von Potpuri zur Förderung öffentlichen Wissens über Rilindja laden wir dazu ein, Teil eines offenen Raums für Diskussion, Transparenz und Inklusion zu werden. Mit dieser Plattform hoffen wir, den Anstoss für eine konkretere Vision von Rilindja zu geben – eine, die dem Projekt seinen wohlverdienten öffentlichen und institutionellen Platz sichert, und die Notwendigkeit unterstreicht, ein kohärentes, öffentlich zugängliches Archiv seines Erbes zu schaffen.
Hier werden zukünftige Updates und Entwicklungen bezüglich Rilindja zu finden sein. Wir werden die Entwicklungen über unsere soziale Medien kommunizieren. Bleibt dran!
